Die Schlacht von Kadesch by Christian Jacq

Die Schlacht von Kadesch by Christian Jacq

Autor:Christian Jacq [Jacq, Christian]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2012-03-13T23:00:00+00:00


EINUNDDREISSIG

URITESCHUP, HATTUSCHILI, PUDUCHEBA, der Oberpriester des Wettergottes und der der Sonnengöttin, der Vorsteher der Handwerker, der Aufseher der Märkte und alle anderen hohen Amtsinhaber im Reich waren zusammengekommen, um die Ansprache des Herrschers zu hören.

Daß der Plan, der die ägyptischen Schutzgebiete aus dem Gleichgewicht bringen sollte, mißlungen war, hatte die Gemüter erregt. Und daß der Schuldige General Baduk hieß, der auf tragische Weise zu Tode gekommen war, bezweifelte niemand. Doch welchen Weg würde Muwatalli nun einschlagen? Die vom hitzköpfigen Uriteschup angefeuerten Soldaten wünschten sich einen schnellen Zusammenstoß mit den Ägyptern, die Händler, die über beachtliche Gelder verfügten, bevorzugten den «Weder-Krieg-noch-Frieden-Zustand», durch den sich die Geschäftsbeziehungen ausweiten ließen. Hattuschili hatte ihre Vorsprecher empfangen und dem Herrscher geraten, diesen Gesichtspunkt nicht außer acht zu lassen. Hatti war ein Durchgangsland, wo Karawanen dem hethitischen Staat gewichtige Abgaben zu leisten hatten, die wiederum dem hethitischen Heer zugute kamen. Ein Esel durchschnittlicher Größe schleppte immerhin etliche Säcke mit verschiedenen Waren und noch mehr Ballen Stoff. In Städten und Dörfern hatten die Händler richtige Handels- und Wirtschaftskammern geschaffen, wo Warenlisten geführt wurden, wo es Regeln für den Transport, Verträge, Schuldscheine und Verfahrensvorschriften gab. Wurde ein Händler beispielsweise des Mordes bezichtigt, konnte er sich freikaufen und somit Gericht und Gefängnis umgehen.

Heer und Handel, das waren die beiden Säulen der Macht. Auf keine der beiden konnte der Herrscher verzichten. Da Uriteschup von den Soldaten vergöttert wurde, machte sich Hattuschili zum Fürsprecher der Händler. Die Priesterschaft beherrschte seine Gemahlin Puducheba, die dem reichsten Adelshaus entstammte.

Muwatalli war zu scharfsichtig, als daß ihm der heftige unterschwellige Kampf zwischen seinem Sohn und seinem Bruder entgangen wäre. Indem er jedem von beiden einen begrenzten Einflußbereich zugestand, befriedigte er ihren Ehrgeiz und behielt doch alle Fäden in der Hand. Doch wie lange noch? Bald würde er entscheiden müssen.

Hattuschili war der Eroberung Ägyptens nicht abgeneigt, sofern Uriteschup dadurch nicht zum Helden und künftigen Herrscher gekürt wurde. Folglich mußte er sich in der Armee mehr Freunde schaffen und Uriteschups Macht verringern. Wäre ein schöner Tod im Kampf für den Sohn des Herrschers nicht ein beneidenswertes Los?

Hattuschili schätzte Muwatallis Art zu herrschen und hätte sich damit begnügt, ihm zu dienen, wenn Uriteschup nicht allmählich zu einer Bedrohung für das Gleichgewicht im Lande geworden wäre. Muwatalli durfte von seinem Sohn weder Anerkennung noch Dankbarkeit erwarten, Familienbande boten bei den Hethitern keinen Schutz. Selbst Geschwisterliebe wurde gesetzlich hingenommen, sofern niemandem Unrecht zugefügt wurde, auch Vergewaltigung zeitigte keine schwere Bestrafung, und falls Einverständnis der Frau auch nur vermutet wurde, verzichtete man auf jegliche Art von Ahndung. Wenn ein Sohn seinen Vater ermordete, um die Macht an sich zu reißen, kam es auch zu keiner öffentlichen Entrüstung.

Den Oberbefehl des Heeres Uriteschup überantwortet zu haben war ein genialer Einfall gewesen. So sann der auf Mehrung seines Ansehens bedachte Sohn des Herrschers zumindest in nächster Zukunft nicht darüber nach, wie der Vater zu beseitigen wäre. Aber auf lange Sicht würde die Gefahr wieder aufkeimen. Diese Frist zu nutzen, um Uriteschups Gefährlichkeit zu mindern, war jetzt seine vorrangige Aufgabe.

Ein eisiger Wind pfiff über der Oberstadt und kündigte einen frühen Wintereinbruch an.



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